Georgia glocal / Georgien glokal

Georgia glocal / Georgien glokal

Veranstalter
Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS)
Gefördert durch
DFG
PLZ
93047
Ort
Regensburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
09.09.2021 - 11.09.2021
Von
Petra Preß, Veranstaltungen, Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung

Die Vorstellungen darüber, wie lokale mit überlokalen Ereignissen und Prozessen verbunden waren und erforscht werden sollen, haben sich in den letzten Jahrzehnten in den Kultur- und Sozialwissenschaften deutlich verändert und an Dynamik gewonnen. Nationalstaatliche und westeuropäische oder westliche Rahmungen haben an Bedeutung verloren, regionale, gesamteuropäische und globale räumliche Bezüge an Relevanz gewonnen.

Georgia glocal / Georgien glokal

Internationale Konferenz am IOS Regensburg
09. bis 11.09.2021 (English/German)
Guido Hausmann, Mirja Lecke, Oliver Reisner
Anreise: 08. bis 09.09.2021

In der Soziologie erhielten zum Beispiel in den 1990er-Jahren der Begriff und das Konzept Glocalization stärkere Aufmerksamkeit (Roland Robertson). Es forderte eine größere Aufmerksamkeit für die translokalen, besonders globalen, Faktoren bei der Konstruktion des Lokalen sowie eine stärkere Berücksichtigung partikular-räumlicher und –zeitlicher Faktoren bei der Analyse von Globalisierungsprozessen ein. In den Geschichts- bzw. Kulturwissenschaften haben seit den 1980er-Jahren die Konzepte von Verflechtung (histoire croisée) und Kulturtransfer die Erforschung west- und gesamt-europäischer Prozesse erweitert, ohne auf die lokale Dimension begrenzt zu bleiben. In der Sozialanthropologie werden seit einiger Zeit überlokale Bezüge mit dem Begriff der Translokalität erfasst, der sich expliziter gegen Beschränkungen auf politische, soziale und kulturelle Eliten richtet, den Globalen Süden mitdenkt und sowohl die regionale, als auch die nationale / nationalstaatliche und globale Ebene in den Blick nimmt (Ulrike Freitag). Sowohl in den Sozial- als auch in den Kulturwissenschaften finden seit einiger Zeit auch unterschiedliche Vorstellungen von Kosmopolitismus neue Aufmerksamkeit und versuchen sich von sozial elitären und eurozentrischen Traditionen und Wertungen zu emanzipieren.

Mit diesen und weiteren Begriffen verweisen die Wissenschaften auf neue räumliche Konfigurationen, Ordnungen und Konnotationen (spatial turn) im Prozess der Globalisierung. Die Forschungsperspektiven verbindet das gemeinsame Interesse, die Relationalität zwischen spezifischen Orten und überlokalen und globalen Ereignissen und Prozessen zu erforschen. Der hier auf Georgien bezogene Begriff glokal / glocal betont zum einen die Offenheit der Raumbezüge, die überlokal, europäisch und global gedacht werden können, er nimmt gleichzeitig explizit Bezug auf die lokale Ebene und ist bewusst deskriptiv gewählt. Er bietet damit ein geeignetes Dach für eine interdisziplinär ausgerichtete Konferenz von Historiker:innen, Anthropolog:innen und Literaturwissenschaftler:innen.

Die Organisator:innen verfolgen mit der Veranstaltung verschiedene Ziele: Sie steht zum einen im Kontext des DFG-Forschungsprojektes „Prostitution in Tbilisi“, das 2018–2021 Prozesse der Marginalisierung und des Empowerment von Prostituierten von den 1980er-Jahren bis heute im Rahmen der interdisziplinären DFG-Forschungsgruppe „Urbane Ethiken. Konflikte um gute städtische Lebensführung im 20. und 21. Jahrhundert“ erforscht hat (Liana Kupreishvili, Guido Hausmann). In diesem Zusammenhang möchte es das eigene Thema in den Kontext anderer, anthropologisch und zeitgeschichtlich ausgerichteter Untersuchungen über Tbilisi stellen. Die Veranstaltung führt zweitens die historische Erforschung der gelehrten / wissenschaftlichen Beziehungen zwischen Georgien und Deutschland bzw. Europa weiter, die Oliver Reisner und Guido Hausmann bereits auf einer ersten Konferenz im Jahr 2018 in Tbilisi zum Thema gemacht haben. Die Konferenz bezieht drittens die Kooperationen und Forschungsinteressen zu Kosmopolitismus zwischen Literaturwissenschaftler:innen aus Regensburg und Tbilisi ein (Mirja Lecke). Nicht zuletzt möchte die Veranstaltung auch eine Plattform sein, um die Kooperationen zwischen IOS und Universität Regensburg sowie der Staatlichen Ilia Universität Tbilisi zu vertiefen.

Programm

Donnerstag, 09.09.2021

13.30–15.00 Uhr: Stadtrundgang

Kaffee

15.00 Uhr: Eröffnung mit kurzer thematischer Einleitung

Teil I: 15.30–17.30 Uhr

Moderator:in: Anke Hilbrenner, Göttingen (angefragt)

Die deutsch-georgische militärische Zusammenarbeit 1918 (Giorgi Astamadze, Karlsruhe Präsenz)

Konstantine Megrelidze's social theory and its German sources (Elene Ladaria, Tbilisi Zoom)

Zur Entwicklung der georgischen Historiographie. Mikhail Polievktov auf der deutsch-sowjetischen Historiographie der DGO im Jahr 1928 (Oliver Reisner, Tbilisi Präsenz)

Zur Geschichte der Ersten Deutschen Arbeiter-Kaukasus-Expedition 1932 (Michael Kühn, München (angefragt) Präsenz)

Kommentar: Martin Demant Frederiksen, Aarhus University (angefragt)

Pause

18.00 Uhr: Keynote: Ronald G. Suny Präsenz / ZOOM

Titel folgt

Diskussion

19.30 Uhr: Abendessen

Freitag, 10.09.2021

Teil II: 9.00–11.30 Uhr

Moderator:in: offen

Georgisch-deutsche Zusammenarbeit im Bereich der Archäologie (genaue Titelangabe folgt) (Irine Gambashidze, Georgisches Nationalmuseum Tbilisi Präsenz)

Deutsche Geschichtswissenschaft und die Erforschung des Terrors in Georgien in den 1930er Jahren (genauer Titel folgt) (Marc-Stephan Junge, Bochum/Erlangen-Nürnberg (angefragt) Präsenz)

Digitalisierung des lutherischen Kirchenarchivs: Neue Perspektiven für die Erforschung der Deutschen in Georgien (Raphaela Averkorn, Siegen Präsenz o. ZOOM)

Kommentator: Wolfgang Levermann, Göttingen (angefragt) / Alternativ: Nikolas Djukić, BayHost (angefragt)

11.30 Uhr: Kaffee

Teil III: 12.00–13.30 Uhr Tbilisi as Urban Assemblage

Moderator:in: offen

On the Hidden Power of Trees in Tbilisi (Ketevan Gurchiani, Tbilisi Präsenz / Zoom)

The Influence of Western Architecture on Tbilisi during Soviet Times (Ia Kupatadze, Tbilisi Zoom)

The Jarti Hunters: An Ethnography of the Scrap Metal Collection in Tbilisi (Tamta Khalvashi, Tbilisi Präsenz)

Kommentator: Guido Hausmann, Regensburg Präsenz

Mittagspause 13.30–14.30 Uhr (Snack)

Teil IV: 14.30–16.30 Uhr The Dark Sides of Ethics in Contemporary Tbilisi and Georgia

Moderator: Guido Hausmann

Prostitutes and ordinary citizens in daytime and nighttime territories in Tbilisi (Liana Kupreishvili, Regensburg Präsenz)

Living in the thieves‘ way: The figure of the Kurdi in Tbilisi (Vakhtang K’ek‘oshvili, Tbilisi Zoom)

Tbilisi multicultural neighbourhood (Joseph Sparsbrod, Jena Präsenz (angefragt))

Poti after the Rose Revolution: The transformation of a port city (Esma Berikashvili, Tbilisi Zoom)

Kommentatorin: Anke Hilbrenner, Göttingen (angefragt)

Kaffeepause

19.30 Uhr Abendessen

Samstag, 11.09.2021

Teil V: 9.00–11.00 Uhr Georgian literature – global, transnational, world literature?

Moderator: Oliver Reisner, Tbilisi Präsenz

Conceptualising the Global World in Modernist, Soviet, and Postmodernist Georgian Literature (Bela Tsipuria, Tbilisi Präsenz/ZOOM?)

„Georgische und deutsche Gedächtnisromane nach der Wende – Grundlagen zu einer transkulturellen Gattungstypologie“ (Levan Tsagareli, Tbilisi Präsenz)

Nino Haratischwili’s „Achtes Leben“ – Knowledge Orders in a Global Literary Market (Mirja Lecke, Regensburg Präsenz)

Kommentator:in: Walter Koschmal, Regensburg Präsenz (angefragt) oder: Miriam Finkelstein, Graz/Berlin (angefragt)

11.00 Uhr Kaffeepause

11.30–12.30 Uhr Abschlussdiskussion

Kontakt

Guido Hausmann
E-Mail: hausmann@ios-regensburg.de

https://www.ios-regensburg.de/